Anfang des Jahres habe ich eine Wunschliste an Interviewpartnern zu meinen interkulturellen Erlebnissen zwischen der Schweiz und Finnland erstellt. Darunter wäre auch ein Kapitän gewesen. Die Pressestelle nannte mir einen Namen, doch der Mann entschied sich gegen das Interview. Ich war enttäuscht. Doch warum in die Ferne schweifen, kenne ich doch mit Guido Schuppisser einen befreundeten Werbegrafiker, der als Kapitän auf dem Bielersee agiert. Per Mail beantwortete er mir einige Fragen zu seinem Engagement auf der MS Jolimont.

1999 hast Du die MS Jolimont gekauft und anschliessend restauriert. Ist mit dem Erwerb des Schiffes der Wunsch entstanden Kapitän zu werden oder war dieser Wunsch die Motivation für den Kauf?
Guido Schuppisser: Am Anfang stand die Suche nach einem Schiff aus der Belle Epoque. Alles andere brachte die Anschaffung mit sich.

Was gehörte als zur Ausbildung, praktisch und theoretisch?
Guido Schuppisser: Ich fahre mit dem gewöhnlichen Bootsführerbrevet. Solange ich nicht mehr als 12 Personen transportiere und den Betrieb nicht gewerbsmässig anlege, ist die "grosse Prüfung" nicht nötig.

Wie oft bis Du mit der MS Jolimont unterwegs?
Guido Schuppisser: In einem guten Jahr sind's 10 bis 12 Privatcharter, dazu kommen eine handvoll Wochenenden privat und einige Putz-Einsätze.

Merkst Du Änderungen in der Fahrpraxis wenn Du längere Zeit nicht gefahren bist?
Guido Schuppisser: Nein, das ist etwas, was einem "in Fleisch und Blut" übergeht. Ist wie beim Autofahren.

Was ist für Dich das Reizvolle an der Schifffahrt? Was ist der Unterschied zu Deinen anderen Tätigkeiten? Und gibt es ein schönstes Erlebnis bisher?
Guido Schuppisser: Das Reizvollste für mich ist die verhältnismässige Freiheit auf den Seen. Es sind die letzten grossen Flächen in diesem Land, wo man sich beinah ungehindert bewegen kann. Der grösste Unterschied ist natürlich der Arbeitsplatz draussen in der freien Natur, im direkten Zusammenspiel mit den Elementen und jedem Wetter. Das schönste Erlebnis war für mich zweifellos die erste Einfahrt in den Hafen von Erlach, wo die Jolimont in ihren Dienstjahren stationiert war und nach 50 Jahren in neuem Glanz wieder ankam - und sehr freundlich empfangen wurde.