2010 hat Bernd Gieseking seine erste Finnlandreise unternommen. Sein Bruder Axel  war nach Lahti ausgewandert und die Eltern wollten ihn besuchen fahren. Je nach Alter und Gesundheit kein einfaches Unterfangen. Bernd Gieseking entschloss sich, seine Eltern zu fahren. Heute, vier Jahre später, spricht er mit mir über Reiseerfahrungen und die späteren Ereignisse. 

Wenn Du heute zurückschaust, was waren die wichtigsten Eindrücke dieser ersten Finnlandreise? Bernd Gieseking: Die Naturverbundenheit der Finnen, ihre Herzlichkeit, ihr Humor, ihre Freundschaft. Ihre Offenheit, obwohl sie angeblich so verschlossen sind. Die Abwesenheit von Hektik, diese große Ruhe und dann diese unendliche Weite in der Natur. Und dieses prägende Element Wasser, egal ob See, Fluss oder das umgebende Meer. Oder mal Regen! (lacht)

Wie oft warst Du mittlerweile in Finnland?
Bernd Gieseking: Jedes Jahr mindestens ein Mal, insgesamt waren es jetzt fünf oder sechs Reisen. Im letzten Sommer bin ich die gesamte Aussengrenze abgefahren, einmal rundum. Ympäri Suomen!
 
Es gibt immer wieder Passagen im Buch, wo Du Ostwestfalen und Finnen vergleichst und Parallelen ziehst. Was ist aus Deinem Erleben typisch finnisch bzw typisch deutsch?
Bernd Gieseking: Das ist ein weites Feld. Als Beispiel: Für beide Länder typisch ist eine gewissen Ordnungswut, Regeln und Gesetze. Die erwartet man beim Finnen ja nicht unbedingt, der wirkt anarchischer. Dabei hält der Finne die meist ein, auch wenn sie in der Weite des Landes viel schwerer zu kontrollieren sind. Der Deutsche neigt zum Übertreten. Regelrecht absurd erscheint einem Deutschen die Alkoholgesetzgebung. Sie wird aber befolgt!
 
Warum hast Du aus dieser Reisegeschichte ein Buch gemacht?
Bernd Gieseking: Ich schreibe Kolumnen für die TAZ, "Die Tageszeitung" aus Berlin. Dort hatte ich eine witzigen Bericht über die Reise veröffentlicht. Daraufhin nahm eine Lektorin vom Fischer Verlag mit mir Kontakt auf und regte an, daraus ein ganzes Buch zu machen. Das war ein Geschenk, so diesem Land - und auch meiner Familie - eine Liebeserklärung machen  zu können.
 
Was bedeutet Dir das Buch heute? Inwiefern hat es Dein Leben beeinflusst oder verändert?
Bernd Gieseking: Zum einen habe ich Freundschaften geschlossen in Finnland. Dann habe ich Land und Natur und Ruhe dort für mich entdeckt wie noch nie vorher, irgendetwas magisches, das ich gar nicht beschreiben kann, was mich weiter anzieht und fasziniert, wo ich mehr entdecken, erleben möchte. Immer wieder. Ich fahre also nicht mehr jährlich in jeweils andere Länder, sondern immer mindestens einmal nach Finnland. Im Winter war ich bei schlechtem Wetter da, also bei bedecktem Himmel. Ich würde nach den weißen Nächten des Sommers auch unheimlich gern Polarlichter erleben.
Und dann, auf einer ganz anderen Ebene - das war mein erstes "richtiges" Buch für Erwachsene. Ich hatte schon Hörspiele und Theaterstücke geschrieben, viele Bühnenprogramme, vieles für Kinder, aber das war die Langstrecke. Das war ein Traum. Ein Buch! Und es hat mich angefixt. Es ist im Prozess ein echter Marathon, aber es ist eine wahnsinnig schöne Arbeit zu schreiben, trotz aller Frustrationen zwischendurch. Das Schreiben allein hat mich verändert- seit dem Buch halte ich es nicht mehr aus, mehrere Tage hinter einander nichts geschrieben zu haben.
Und zum dritten - durch das Buch ergab sich soviel Neues. Lesungen. Interviews wie dieses. Im Sommer mache ich einen Hörfunk-Reisebericht für Kinder, am 1. Juni im KiRaKa, um 14 Uhr auf WDR 5 und im Netz, "Wo die Elche wohnen". Es gibt inzwischen einen Kabarett-Abend, an dem ich von meinen Reisen berichte,  auch mit Titel "Finne dich selbst!", der den Leuten und mir einen Riesenspass macht. Und am 2. Februar - auch wenn der vorbei sein wird, wenn die meisten dieses Interview lesen - mache ich eine "finnische" Matinee mit dem Philharmonischen Orchester vom Theater Hagen, aus Anlass des 40 jährigen Bestehens der Deutsch-Finnischen Gesellschaft in NRW. Das Orchester unter Florian Ludwig, ein großer Finnland-Freund übrigens, spielt finnische Musik, Sibelius, Filmmusik aus einem Kaurismäki-Film und anderes und ich erzähle und lese. Und singe!! Wahrscheinlich! (lacht)

Mehr über Bernd Gieseking erfährt man auf seiner Homepage www.bernd-gieseking.de