Der Hintergrund für meine Wochenkolumnen 2018 war die Idee, mich nicht nur mit einer Geschichte an sich auseinanderzusetzen, sondern den Autoren direkt Fragen zu stellen. Michael Ende hat diese Welt 1995 hinter sich gelassen. Darum entschied ich mich, einen guten Freund zu interviewen. Beat Vögele hat mir einmal verraten, dass Michael Ende der Autor ist, der in seinem Bücherregal einen festen Platz hat. Und das bedeutet bei einem belesenen Mann wie Beat eine ganze Menge.
 
Welches war das erste Buch von Michael Ende, das Du gelesen hast?
Das war "Die unendliche Geschichte".
 
Wie bist Du darauf gestossen?
Per Zufall, beim Stöbern als Primarschüler in der kleinen Schulbibliothek.
 
Erinnerst Du Dich noch an das Lese-Erlebnis als solches?
Ja, und wie! Es hat mich wie Bastian, die Hauptfigur der Geschichte, förmlich ins Buch, in die Geschichte hineingezogen. Und wie er habe ich kaum aus ihr herausgefunden, jedenfalls emotional.
 
Wie ging es mit Dir und Michael Ende weiter?
Ich hatte Blut geleckt, um es drastisch zu formulieren. Ich habe alles von ihm verschlungen. Besonders eindrücklich waren für mich die dunklen, traumartigen Geschichten aus "Spiegel im Spiegel" und "Labyrinth der Freiheit". Auch die Theaterstücke und Opernlibretti haben mir gedanklich neue Räume eröffnet. Und die Veröffentlichungen von unvollendeten Texten und Skizzen aus dem Nachlass empfand ich als hilfreich, vieles in Endes Büchern noch besser zu verstehen.
 
Wie würdest Du heute einem Unkundigen Michael Endes Werk und die Faszination daran erklären?
Als erstes würde ich seine ungeheure Phantasie und seine Erzählgabe, die jeden an die Hand nimmt, ohne zu bevormunden, hervorheben. Natürlich ist da auch immer viel Kunst und Können (wobei die Sprache einfach und verständlich bleibt). Und fast überall ist auch ein Augenzwinkern. Dann würde ich betonen, dass seine Texte von der Überzeugung durchdrungen sind, dass nicht nur die menschliche Umwelt bedroht ist, sondern auch die menschliche Innenwelt, die Phantasie, Kreativität und somit der Geist, die Seele. Es geht Ende dabei nicht um moralische Fragen (die an gesellschaftliche und somit zeitlich eingeschränkte Rahmenbedingungen geknüpft sind) sondern um die Existenz an sich, ums seelische Erleben mit allen notwendigen Höhenflügen und Katastrophen. Leider wurde er zu seiner Zeit diesbezüglich oft nicht oder falsch verstanden. Seine Geschichten sprengen Rahmen, die einengen und veröden lassen können. Und sie lassen die Lesenden selber mutig weiterdenken.