Ich lernte ihn kennen, da war ich etwas über 20 Jahre alt. Er war Layouter und Redakteur in der Lokalredaktion Karlsruhe bei den Badischen Neuesten Nachrichten. Ich muss zugeben, anfangs machte er mich nervös. Er war ein temperamentvoller Charakter und strenger Kritiker. Wiederholungen in Dachzeile, Titel und Untertitel – nicht tolerierbar. «Du muss Dir immer ganz genau überlegen, was ist das Wichtigste? Was willst Du transportieren? Das macht den Titel aus.» Ich habe viele Artikel umgeschrieben, viel gelernt. Irgendwann hat er mich als Verantwortliche für Themen vorgeschlagen, die ihm am Herzen lagen. Das fühlte sich an wie ein Ritterschlag. Dann kam dieser Abend. Meine Mutter war gerade gestorben. Ich sass im Büro, arbeitete so konzentriert wie irgend möglich. Neben meiner Schreibmaschine türmten sich die Polizeimeldungen. Da stellte er sich zu mir an den Schreibtisch. «Gib mir die Meldungen, die Du zu viel hast.» Ich reichte ihm die Hälfte. Er nickte und setzte sich an seinen Tisch. In jenem Moment fühlte ich mich entlastet. Im Rückblick ist es weit mehr: Wir sind kritisch miteinander umgegangen, wir haben die Fähigkeiten des anderen geschätzt und wir haben uns unterstützt, wo Lebensturbulenzen es notwendig machten. Heute weiss ich, so lebt sich in meinen Augen Gleichberechtigung. Und ich bin unendlich dankbar, dass kritische Männer, wie damals Kuno Doll, mich immer wieder herausfordern. Sie sind das Glück für selbstbewusste Frauen, die ihren offiziellen Tag ebenso feiern wie jeden anderen ihres Lebens.